Ein abwechslungsreiches Vierteljahr

Impro-Time

Arbeiten mit Illusionen

Nach der Pause war regelmäßig Impro-Time. Impro ist die Abkürzung von Improvisation. Wir teilten uns in Gruppen von vier oder fünf Leuten und Desmond gab uns ein Thema, z.B. Warten, die Entstehung der Erde, oder die Aufgabe, das Publikum zu frustieren. Es kamen immer sehr verschiedene Stücke dabei raus, da jede Gruppe es anders interpretierte und andere Ideen hatte. Aber nicht immer gab es ein bestimmtes Thema, wir sollten einmal etwas zusammenstellen, und keiner durfte "Nein" sagen. Jeder ausgesprochene Vorschlag musste verwendet werden, keiner in der Gruppe durfte sagen, das machen wir nicht. In meiner Gruppe sagte Richard sofort: "Stewart und ich sind schwule Polizisten." Worauf Stuart automatisch erwiederte "Nein" und nach kurzer Überlegung: "Ich meine natürlich ja" hinzufügte. Das war zu komisch, für mich eine der schönsten Impros. Wir hatten für jede Impro 30 Minuten Zeit, um etwas auszuarbeiten, und zum Abschluss des (Schul-)Tages wurde alles vorgeführt. Nach jedem der Stücke fand eine kurze Diskussion statt. Ob das gerade Gesehene gut oder nicht gut war und warum es gut oder nicht so toll war. Dieses kurze Gespräch sollte uns helfen, Fehler zu erkennen und zu vermeiden, auszuprobieren und zu sehen ob es funktioniert, Kritik zu ertragen und zu kritisieren. 

Improvisationsformen....ohne Wörter

Es gab noch eine andere Impro Form: Desmond schickte zwei oder mehr Freiwillige nach vorne (die Bühne haben wir wegen der schlechten Akustik fast nie benutzt), gab ein Thema und die Volunteers mussten das Beste daraus machen, ohne Vorbereitungszeit. Der Rest sah es sich an, und es folgte ebenfalls ein kurzes Gespräch über das Gesehene. In den ersten Wochen durften wir bei den Impros nicht sprechen, später war es uns dann freigestellt, ob wir mit oder ohne Worte arbeiten wollten.

Eine ganz andere spaßige Sache: Wie gebe ich jemandem auf der Bühne eine schallende Ohrfeige, die täuschend echt aussieht, ohne die betreffende Person zu berühren? Ganz einfach: Stuntfighting! Wir haben uns gegenseitig mit voller Wucht auf die Füße getreten, an den Haaren und Ohren gezogen, ins Gesicht geschlagen und getreten und sogar gegen die Wand geknallt. Die Schmerzen waren nur gespielt; wie das funktioniert, sieht man nur, wenn es schlecht ausgeführt wird.

Der erste Term war super; wir haben jeden Tag etwas Neues gemacht, viel ausprobiert und gesehen. Vor allem haben wir viel mit den Illusionen gearbeitet, das war ganz nach meinem Geschmack. Im Gegensatz zum zweiten Term gab es viel Abwechslung, da wir alles nur kurz angeschnitten haben. Der erste Term war ein Überblick, was alles möglich ist. Die restlichen drei Terms waren dazu da, um auf alles, oder besser gesagt: alles, worauf Desmond Wert legt, nochmal genauer einzugehen. Die Dinge, die wir im ersten Kurs ausprobieren, sind die am Anfang dieses Kapitels aufgezählten Sachen aus der Zeitungsanzeige.

Am Ende des ersten Kurses haben wir einen Morgen gelernt, die "White Face" Schminke aufzutragen. Tut man das nicht sorgfältig oder macht es falsch, sieht es fürchterlich aus. Die Aktion wurde zu einer lustigen Sauerei, besonders, als wir nach der weißen Schminke die Augen und Lippen schminkten. Wir haben witzige Gruppenfotos gemacht und ausprobiert, wie die Masken von weitem wirken. Leider sind die Abzüge von den Fotos, die ich bekommen sollte, verloren gegangen. Bei White Face gilt übrigens die Regel: es wird nicht gesprochen. Ich meine, wenn man damit auftritt, wir waren nicht etwa den ganzen Morgen sprachlos!

Desmond hat uns bei allen möglichen Gelegenheiten geraten, so oft wie nur möglich ins Theater zu gehen und uns alles anzusehen; das Gute genauso wie das Schlechte. Von den schlechten Sachen kann man auch lernen, und zwar, was man niemals machen sollte.

Wir, damit meine ich die Studenten der ,Desmond Jones School of Mime and Physical Theatre, haben uns auch manchmal getroffen um abends zusammen ins Theater zu gehen. Das erste Mal, als Riz, die Asstistentin von Desmond, mit ihrer Gruppe etwas aufführte.

Am letzten Tag des ersten Terms veranstalteten wir eine kleine Feier nach dem Unterricht. Jeder brachte etwas zu Essen oder Getränke mit, und es wurde ein keines Buffet aufgebaut. Als Geschenke für Desmond und Riz verewigten wir uns auf weißen T-shirts, und schließlich verabschiedeten wir uns, mit Umarmungen und allem was dazugehört. Es stand schon fest, dass leider nicht alle wiederkommen würden, bei einigen war es noch nicht sicher.