Idente-Camp in Bolivien

Camp der Idente-Jugend

Schöne Erinnerungen

Kerbtiere und Mücken - allgegenwärtige Begleiter

Während des Camps waren die Mädels in einem der Internatschlafräume mit dem Luxus echter Doppelbetten untergebracht (wenn auch zum Teil einsturzgefährdet, madenzerfressen, flohverseucht und einem Vogelnest mit wohlgeformter Mittelkuhle gleichend), während die Jungs mit Decken auf dem Boden schlafen mussten. Gegessen wurde im großen Esssaal, gemeinsam mit circa 30 Internatsschülern, die über die Ferien nicht nach Hause gefahren waren, um sich im Internat durch zusätzliche Arbeit ein Taschengeld zu verdienen. Obwohl ich das Essen als sehr lecker in Erinnerung habe, fühlte sich mein zimperlicher Verdauungstrakt von den recht fettigen Speisen (bei der harten körperlichen Arbeit der Jungs durchaus angebracht!) völlig überfordert und reagierte mit anhaltenden Magenschmerzen und Durchfall, so dass ich Gelegenheit erhielt, mir sämtliche stillen Örtchen recht detailliert von innen einprägen zu können. Noch nie habe ich übrigens mit einer derartig großen Varietät verschiedenster „bichos“ (Viecher- also alles, was in der Luft und auf dem Boden kriechend und fliegend unterwegs ist) auf einmal Bekanntschaft gemacht – nach einer Weile fühlt man sich selbst wie ein gut bestücktes Insektenzuchthaus; und trotz der redlichen Bemühungen der Missionare, wenigstens einen Mindeststandard an Sauberkeit zu erhalten, ist es fast unmöglich, sämtliches Ungeziefer aus dem Schulgebäude zu entfernen.

Grob zusammengefasst enthielt unser Tagesplan nach dem Frühstück (mit selbstgemachtem Käse und Brot aus dem Internat!) vormittags Diskussionsrunden zu Themen wie Freundschaft, Verantwortung und nachmittags Filme, Spiele (Basketball, Volleyball, Fußball) oder Schwimmen im See; abends dann ein „Atteneum“, in dem jeder Gelegenheit bekam, ein Lied oder Gedicht vorzutragen, zu tanzen oder Theater zu spielen. Und immer wieder Runden, um die Lieder der Idente-Jugend zu lernen, die von einem Mitglied aus Spanien vor einigen Jahren in einem Liederbuch zusammengefasst worden sind. Hier konnte ich dann meinen Teil beitragen und den Jugendlichen LET IT BE und YESTERDAY von den Beatles beibringen.

In den drei Tagen hat sich eine beeindruckend freundschaftliche und friedliche Atmosphäre zwischen den Idente-Jugendlichen und den Internatsschülern entwickelt, die den letzten gemeinsamen Abend am Lagerfeuer mit Sketchen, Liedern und Tänzen zu einer der schönsten Erinnerungen hat werden lassen.
Überhaupt gehören die Nächte im Internat zu meinen wunderbarsten Erfahrungen: Keinerlei Motorenlärm stört den sanften Geräuschteppich aus leisem Grillengezirpe und gelegentlichen Vogelrufen, die heiße Luft ist erfüllt mit dem Duft wilder Mangobäume, und die dunklen Umrisse der Urwaldbäume zeichnen sich klar gegen den sternenklaren Nachthimmel ab. Diese Idylle wird nur durch die riesigen Mückenschwärme etwas gestört; letztere scheinen europäische Mückenschutzmittel als willkommene Abwechslung des Speiseplans anzusehen und sind nur durch Bedeckung mit dicken, undurchstechbaren (!) Stoffen einigermaßen von Ganzkörperattacken abzuhalten. Mückenstiche sind letztendlich unvermeidlich, auch wenn auf diesem Wege das recht harmlose, aber unangenehme Denguefieber übertragen wird; dieses Risiko muss man halt in Kauf nehmen.

Ich hatte auch Gelegenheit, die Teilnehmer etwas besser kennen lernen; ohne allzu sehr verallgemeinern zu wollen, erscheinen mir die Jugendlichen dieser Altergruppe insgesamt irgendwie reifer und erwachsener als in Deutschland. Einige erzählten mir über ihr Leben, und nicht wenige haben haarsträubende Dinge in- und außerhalb ihrer Familien erlebt, wie Alkoholabhängigkeit der Eltern, Drogenmissbrauch und Gewaltanwendung. Umso erstaunlicher ist die Fröhlichkeit und Gelassenheit, die sich diese Jugendlichen trotz ihrer Schicksale erhalten haben. Sie besitzen einen Reichtum an innerer Zufriedenheit, der ihre zum Teil materielle und familiäre Lage aufzuwiegen scheint. Mich beeindruckt die Arbeit der Missionarinnen und Missionare sehr, da sie versuchen, dem Leben dieser Jugendlichen eine kleine zusätzliche Perspektive zu geben, sei es in Form von Unterricht oder im Rahmen der Jugendgruppe.

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