Missionsarbeit in Bolivien

Tätigkeitsfelder der Missionare in Santa Cruz de la Sierra

Beobachtungen einer "Gringa" in Bolivien

Die Missionare unterhalten eine riesige Gemeinde mit insgesamt sechs Kirchen, wobei die Missionare selbst in einem Stadtviertel, das zum ärmeren Teil der Stadt gehört: Die unbefestigten Straßen tragen keine Namen, sondern werden einfach nach der nächstgelegenen Hauptstraße benannt und dann durchnummeriert; die Anwohner des Viertels wohnen zwar überwiegend in etwas besseren Behausungen aus Holz und Steinen, aber auch hier türmt sich der Abfall und erhält Scharen streunender Hunde am Leben. Direkt neben dem Haus der Missionare liegt die Krankenstation der Gemeinde, welche mit Hilfe der Missionare verwaltet wird. Verschiedene Ärzte aus unterschiedlichen Praxen und Krankenhäusern der Stadt arbeiten hier unentgeltlich jeweils ein oder zwei Nachmittage in der Woche, und versuchen, der anliegenden Bevölkerung ein Minimum an ärztlicher Unterstützung zu bieten. An zwei Tagen der Woche informieren Medizinstudenten der nahegelegenen Universität über verschiedene Aspekte zum Thema Gesundheit. Oft geht es dabei um ganz elementare Kenntnisse wie zum Beispiel die tägliche Körperreinigung. Das Kinder- und Jugendzentrum wird ebenfalls von den Missionaren unterhalten, und bietet nachmittags und während der Ferien Aktivitäten wie Hausaufgabenbetreuung (in der ich drei Tage mitgeholfen habe), Sportgruppen sowie Sprach- und Computerkurse an.

Man trifft auch auf Überraschungen, wie den riesigen Supermarkt in der Nähe des Jugendzentrums mit sämtlichen Produkten, die man sich nur vorstellen kann (einschließlich Halloween-Artikel, Milka-Schokolade, deutschem Vollkornbrot und französischem Weichkäse!!!). Die moderne, mit Spiegelglas verkleidete und alles überragende Fassade des Supermarkts bildet einen merkwürdigen Kontrast zu den umliegenden Hütten, und veranschaulicht zugleich die derzeitige Situation der Großstadt Santa Cruz: Überall treffen zwei verschiedene Welten aufeinander, die immer mehr ineinander übergehen.

Von der angespannten politischen Situation in La Paz und dem gesamten bolivianischen Hochland hat man in Santa Cruz fast nichts gemerkt, außer dass man hin und wieder einer entsprechenden Grafitti-Parole auf einer Hausmauer oder kleineren Menschenansammlungen begegnet, die angeregt diskutieren. Dabei begrenzt sich der Inhalt solcher „charlas“ (Gespräche) meist auf folgende Aussage: Die Bolivianer des „Oriente“ (Ostens) sind ein ruhiges Volk und wollen mit gewaltsamen Aufständen der Bewohner des „Occidente“ (Westens) nichts zu tun haben. Oft habe ich einen regelrechten Hass bemerkt, der zwischen Ost- und Westbolivianern vorherrscht und für den es viele Gründe gibt: Um die durch die Aufstande entstandenen Schäden zu beheben, müssen sämtliche Bolivianer erhöhte Abgaben zahlen, obwohl sich die Ostbolivianer nicht im geringsten für die Vorkommnisse verantwortlich fühlen. Dazu kommen Faktoren wie unterschiedliche historische Ursprünge und daher auch andere Sitten, Gebräuche und Dialekte und das sehr unterschiedliche Klima, die eine sehr deutliche Trennlinie westlich von Santa Cruz zwischen dem Osten und dem Westen zieht. So halten die „Ossis“ die „Wessis“ für unfreundlich, überheblich und faul, die „Wessis“ die „Ossis“ für unkultiviert und dümmlich....

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